Wer an Schlafstörungen leidet greift häufig zu einem Schlafmittel, um sich schnell Hilfe zu verschaffen. Doch dafür muss der Griff nicht in die Hausapotheke gehen. Es gibt einige ganz natürliche Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel, die rezeptfrei überall zu kaufen sind. Auch die Gefahr einer Abhängigkeit oder der Bildung einer immer Höheren Toleranzgrenze bezüglich der Wirkstoffe ist bei den natürlichen Schlafmitteln in dieser Liste nahezu auszuschließen.
Bevor Sie also die Chemiekeule schwingen, versuchen Sie es doch erst einmal mit einer sanften Alternative. Natürlich spielen immer eine Vielzahl von Faktoren bei Schlafproblemen eine Rolle. Deshalb wird es nicht ausreichen, einen einzelnen Hebel zu bedienen, um die Probleme mit dem Ein- und Durchschlafen zu beseitigen. Denken Sie deshalb auch an Ihre körperliche und psychische Verfassung, Ihre Ernährung und Ihre tägliche Routine, wenn Sie nicht schlafen können.
Die folgenden Pflanzen und Wirkstoffe tragen auf verschiedene Weise dazu bei, Ihren Schlaf zu verbessern
1) Melatonin
BEI EINSCHLAFSCHWIERIGKEITEN: Wie in unserem Ratgeber „Besser Schlafen“ beschrieben, spielt das körpereigene Hormon Melatonin eine zentrale Rolle für den Schlaf-Wach-Zyklus. Der Melatoninspiegel baut sich kontinuierlich tagsüber auf und erzeugt einen Schlafdruck, der uns müde macht. Fehlt es an Melatonin oder wird die Bildung von Melatonin etwa durch blaues Licht unterdrückt (hiergegen empfehlen sich spezielle Brillen), so kann man nicht einschlafen. Besonders effektiv sind spezielle Nahrungsergänzungsmittel mit Melatonin, die etwa eine Stunde vor der Bettzeit eingenommen werden.
Melatonin kann auch in Form von leckeren und gesunden Lebensmitteln aufgenommen werden. Die folgenden Nahrungsmittel enthalten entweder hohe Mengen an Melatonin und/oder besonders viel Tryptophan, Magnesium oder B-Vitamine. Die letztgenannten Stoffe benötigt der Körper, um selber Melatonin zu produzieren.
- Cranberrys
- Sauerkirschen
- Cashewkerne
- Walnüsse
- Steinpilze
- Bananen
2) CBD
BEI ANGST UND NÄCHTLICHEM GRÜBELN: CBD (kurz für Cannabidiol) ist ein Wirkstoff, der in der Hanfpflanze vorkommt. Verwechseln Sie CBD jedoch nicht mit THC, welches wiederum psychoaktiv, genauer gesagt, psychotrop wirkt. CBD hingegen wird vielmehr als entspannend und stresslösend beschrieben. Obwohl auch Hanf schon seit Jahrhunderten in vielen Teilen der Welt als Heilpflanze genutzt wird, kommt CBD erst seit einigen Jahren vermehrt gegen Schlafstörungen zum Einsatz. Die Wirkung ist hingegen erstaunlich vielversprechend. In einer großen Fallstudie aus dem Jahr 2019 wurde die Wirkung von CBD auf angstinduzierte Schlafprobleme untersucht. Das Ergebnis: Knapp 80% der Studienteilnehmer berichteten einen nachhaltigen Rückgang ihrer Angstzustände. Bei zwei Dritteln aller Teilnehmer verbesserte sich der Schlaf.
Es ist in Deutschland nur schwer möglich, an Hanf zu kommen und selber das CBD zu extrahieren und aufzubereiten. Allerdings ist CBD in Kapseln oder Öl frei verkäuflich und bei manchen Anbietern sogar speziell als Schlafmittel in Kombination mit Melatonin erhältlich.
3) Baldrian
BEI UNRUHE: Baldrian und speziell die Baldrianwurzel (Valerianae radix) hat sich bereits als natürliches Schlafmittel etabliert und kommt zu diesem Zweck schon seit Jahrhunderten zum Einsatz. Auch viele Schlafmedikamente setzen auf Baldrianwurzelextrakt, oft in Kombination mit Hopfen. Die beruhigende Wirkung von Baldrian und die Melatonin-ähnlichen Eigenschaften von Hopfen helfen beim Einschlafen. Einer doppelblinden, randomisierten Vergleichsstudie legt nahe, dass Baldrian genauso wirksam bei nicht-organischen und nicht-psychiatrischen Insomnien ist, wie Oxazepam. Oxazepam ist ein Angstlöser und Sedativum, dass der Gruppe der Benzodiazepine angehört. Benzodiazepine fallen unter das Betäubungsmittelgesetz und haben deutlich schwerwiegendere Nebenwirkungen, als die natürliche Baldrianwurzel.
4) Hopfen
DIE IDEALE ERGÄNZUNG: Wohingegen Baldrian eine Einnahme von mehreren Tagen bis Wochen benötigt, um seine volle Wirkung zu entfalten, wirkt Hopfen deutlich schneller. So wird etwa Hopfenextrakt Baldriantropfen in natürlichen Schlafmitteln hinzugefügt, da sie sich gegenseitig gut ergänzen. Viele Studien untersuchen deshalb Baldrianwurzel und Hopfen im Verbund zum Einsatz gegen Insomnia und andere Schlafstörungen. Eine davon aus dem Fachmagazin „Phytotherapie“ stellt eine signifikante Verbesserung von Schlafdauer und Schlafqualität fest.
5) Kamille
FÜR ÄLTERE MENSCHEN: Schlechter Schlaf ist leider nichts Ungewöhnliches bei Menschen über 60. Auch wenn ältere Menschen weniger Schlaf benötigen als Junge, ist ihr Schlaf nicht weniger wichtig für die Gesundheit und hat deshalb besondere Aufmerksamkeit verdient. Eine 2017 erschienene Studie im einem Fachjournal zu medizinischer Komplementärtherapie richtet den Fokus weg von Schlafmitteln aus der Apotheke und hin zu natürlichem Kamillenextrakt. An 38 aufeinanderfolgenden Tagen haben 30 Bewohner eines Altenheimes über 60 Jahren täglich 200 mg Kamillenextrakt eingenommen. Nach dieser Zeit hatte sich die untersuchte Schlafqualität gegenüber der Vergleichsgruppe signifikant erhöht.
6) Lavendel
FÜR SCHLAFQUALITÄT: Lavendel bzw. die ätherischen Öle im Lavendel ist aus der Aromatherapie gar nicht mehr wegzudenken. Aus gutem Grund, da die Inhalation der Dämpfe auf viele Menschen eine beruhigende Wirkung hat. Eine vielzitierte Metastudie aus dem Jahr 2012 hat bestehende Studien zu dem Thema unter die Lupe genommen. Das Ergebnis legt nahe, dass die Inhalation von Lavendelaroma einen leichten bis moderaten Benefit für den Schlaf bzw. das Einschlafen hat. Eine spätere Studie mit 79 Studenten, die nach eigener Aussage an Schlafproblemen leiden, bestätigt diese Aussage – vor allem in Kombination mit einer Schlafroutine.
7) Magnesium
FÜR SCHLAFQUALITÄT: Dass Magnesium generell gesund ist, wissen bereits viele. Der Körper benötigt es für die Synthese von Eiweiß, den Aufbau von Muskeln und Knochen sowie der Nervenfunktion. Auch die Schlafqualität soll sich angeblich verbessern, allerdings fordert die Metastudie aus dem Jahr 2022 zu dem Thema noch weitere Untersuchungen. Die täglich empfohlene Menge an Magnesium beträgt 100-400 mg und kann durch Nahrungsergänzungsmittel oder direkt durch Magnesiumhaltige Lebensmittel eingenommen werden. Dazu gehören vor allem Mineralwasser, Vollkornprodukte, Fisch, Obst und Gemüse.
8) Melisse
IN DEN WECHSELJAHREN: Melisse ist ein leichtes und natürliches Sedativum, ähnlich wie Baldrian. Beides in Kombination hilft einer Studie von 2013 zufolge insbesondere gegen Schlafprobleme bei Frauen in der Menopause. Auch in einer groß angelegten Untersuchung zur Wirksamkeit von Kräutern bei der Schlafverbesserung wird neben den ebenfalls in dieser Liste vertretenen Passionsblume und Kamille die Zitronenmelisse aufgeführt. Allerdings wird ebenfalls angeraten, sie noch genauer zu untersuchen.
9) Passionsblume
Nicht ganz so effektiv wie Baldrian, Hopfen oder Lavendel, aber dennoch erwähnenswert ist die Passionsblume. Eine Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie aus dem Jahre 2011 hat den Effekt von Passionsblume in Form von Kräutertee auf den Schlaf untersucht. Laut ihr verbessert sich durch den Tee das subjektive Schlafempfinden von gesunden Erwachsenen. Bereits zu Zeiten der Kolonisation von Nordamerika wurden Passionsblumen von den amerikanischen Ureinwohnern als Beruhigungstee eingesetzt, was von den Europäern übernommen wurde. Passionsblumen gelten als generell als sicher, sollten aber nicht von Schwangeren verwendet werden, da der Verzehr Wehen auslösen könnte.
10) Ginkgo
BEI TINNITUS: Ginkgo-Extrakt findet sich in vor allem in Medikamenten gegen Demenz wieder, da ihm eine gedächtnisfördernde Wirkung nachgesagt wird. Ginkgo kommt jedoch seit langer Zeit in der asiatischen Heilkunde zum Einsatz, u.a. als natürliches Schlafmittel. Ginkgo soll auch gegen Tinnitus effektiv sein und so einen Störfaktor beim Einschlafen mindern. Während einige von der schlaffördernden Wirkung von Ginkgo gegen Tinnitus überzeugt sind, ist die wissenschaftliche Studienlage noch sehr unklar und konnte einen solchen Effekt nicht nachweisen. Erwarten Sie von der Nummer 10 dieser Liste keine Wunder. Ein Versuch kann jedoch nicht schaden.
Natürliche Schlafmittel vs Schlafmedikamente
Natürliche Schlafmittel sind oft einfacher zu bekommen, rezeptfrei und überwiegend arm an Nebenwirkungen. Nicht immer können sie hoch-entwickelte klinische Schlafmittel der Pharmagrößen ersetzen. Allerdings sollten letztere nicht häufiger zum Einsatz kommen, als unbedingt nötig, da die Gefahr einer Abhängigkeit oder diverser Risiken und Nebenwirkungen besteht. Klären Sie die Thematik immer mit Ihrem Arzt, wenn Sie an klinischen Schlafstörungen leiden. Schlafen Sie gut!